Über das Thema Preisnennung gibt es immer wieder Diskussionen. Wer sagt ihn zuerst? Sagt man ihn überhaupt? Wie geht man damit um, wenn ein Preis konkret erfragt wird? Mit ein wenig Psychologie ist der Ablauf ganz einfach. Voraussetzung ist jedoch, dass Sie Ihren Markt kennen.
„Auf keinen Fall den Preis nennen“ – Faule Ausrede, wenn man seinen Markt nicht kennt
Sobald es in einer Verhandlung um das Thema Preis geht, erstarren viele Beteiligte zu einer Salzsäule: „Jetzt bloß nichts falsch machen.“ Es entsteht eine deutliche Hemmung in der weiteren Kommunikation. Wer nennt den ersten Preis? Natürlich versuchen Sie, erst einmal über Vorteile etc. zu sprechen und zielen in Ihren Gesprächen darauf ab, den Preis erst möglichst spät zu nennen. Wenn aber ein Preis gefordert ist, müssen Sie irgendwann zum Punkt kommen. Sicher gibt es Maximen wie: „Wer den ersten Preis nennt, hat verloren.“ Derartige wurde mir in meinem ersten Sales Training eingetrichtert. Aber ist dem wirklich so?
Nutzen Sie den Anker-Effekt, um Ihrem Prei einen ersten Schutzschirm zu geben
Vielleicht haben Sie schon einmal folgende Frage erlebt: „Wie lautet Ihr Preis?“ Die Antwort lautet hin und wieder: „Was ist es Ihnen denn wert?“ Diese Frage empfinden viele Gesprächspartner als plumpes Hinhalten. Sie ist sogar für viele ein Indikator, dass Ihnen die notwendige Sicherheit fehlt. Wenn Sie auf dem Basar um eine Schale feilschen und in Unkenntnis über den Wert der Schale sind, dann könnte der Preis des Händlers eine erste Indikation sein. Sie sollten dann aber auch die Bedeutung von Preisen und Gepflogenheiten in Basaren kennen. Aber wenn Sie in Ihrem Markt mit Ihren eigenen Leistungen sind, sollten Sie die marktüblichen Preise kennen, entsprechend daran Ihren Preis ausrichten und ihn dann auch nennen können. Natürlich legen Sie mit Ihrem Preis Ihren persönlichen Korridor offen. Sie nutzen dabei den Anker-Effekt und Sie geben den Zielkorridor vor. Das ist besser, als in den Zielkorridor Ihres Verhandlungspartners gezwungen zu werden. Sie sollten dann vorsichtig sein, den Preis als erster zu nennen, wenn:
- Ihr Preis marktunüblich und nicht plausibel ist
- Sie keine Argumente haben, die Ihren Preis rechtfertigen
In allen anderen Fällen gelingt es Ihnen auch dann noch, einen profitablen Preis zu erhandeln, wenn Sie den Preis als erster genannt haben. Sie besitzen genug kommunikative Hilfsmittel dafür.
Verschönerungsmaßnahmen, damit der Preis weniger schmerzhaft für den Kunden ist
Es gibt eine Vielzahl von Versuchen, den Preis attraktiver zu gestalten, in der Hoffnung, dass der Gesprächspartner dann leichter zusagt. Oder um es mit Goethe zu sagen: „Schönheit bändigt allen Zorn.“ Häufig finden Sie in Ausschreibungen die Vorgabe, den Preis in einer gesonderten Zeile in Fettdruck auszuweisen. Zusätzlich dann auch noch in Worten. Das indiziert in den meisten Fällen, dass der Preis primäres Auswahlkriterium ist. Wann immer es geht, versuchen Sie, unangenehme Aspekte verschwinden zu lassen. Darum nutzen Sie für Ihre Preisangabe die Sandwich-Methode:
- Sie ersetzen das Wort „Preis“ und sprechen stattdessen von einer Investition, einem Budget oder einem Volumen. Betriebswirte werden an dieser Stelle Magenschmerzen bekommen, weil sich, rein kaufmännisch, Kosten von Investitionen unterscheiden. In der Wahrnehmung sind Investitionen jedoch positiver besetzt.
- Sie nennen oder schreiben den Preis nur in Verbindung mit den zugehörigen Leistungen und dem resultierenden Nutzen.
- Sie fassen alle Leistungen zusammen, die Ihr Produkt/Service/Ihre Dienstleistung umfasst. Seien Sie kreativ und überlegen Sie noch einmal, was genau Sie alles für das Geld leisten. Jedes Detail ist wichtig und vergrößert das Leistungspaket.
- Sie nennen den Preis, aber mit allen Vorteilen Ihrer Produkte: „Dieses Paket umfasst … für Sie. Sie investieren lediglich 280,00 Euro für dieses Rundum-Sorglos-Paket. Dafür haben Sie … und … ist ebenfalls enthalten.“
Setzen Sie Ihren Preis in einen anderen Kontext
Sie können versuchen, den Preis angenehmer darzustellen, indem Sie den Kontext ändern, zum Beispiel mit anderen Produkten vergleichen oder den Preis in kleinere Einheiten aufschlüsseln. Vergleichsmethode, Splitting-Methode, Verkleinerungsmethode oder Differenzmethode sind hier die Klassiker. Aber Vorsicht. Viele dieser Techniken sind für Sie besonders dann wirksam, wenn Sie im B2C-Bereich verhandeln. Verhandlungsführer im B2B dürften Sie damit kaum beeinflussen können. Insbesondere dann nicht, wenn Ihre Angaben in schriftlicher Form vorliegen. Einige Unternehmen stellen Ihnen für die Preisnennung eigene Excel-Dokumente zur Verfügung, in die Sie Ihre Angaben eintragen müssen. Dann sind alle diese Methoden nutzlos. Was also tun?
Hüten Sie sich vor „glatten“ Preisen
Sie verlagern das Thema der Preisnennung und konzentrieren sich zunächst einmal auf die Zahlenwerte. Diese Zahlenwerte besitzen eine Reihe psychologischer Wirkungen, die Sie für sich nutzen können. Sie beabsichtigen, für Ihre Leistung einen Preis um 2.000,00 Euro zu verlangen. Welchen Preis nennen Sie als Ausgangswert für Ihre Verhandlung? 2.000,00 Euro? Oder eher 2.080,00 Euro? Vielleicht doch lieber 1.990,00 Euro, weil die Ziffer 2 zu Beginn wehtun könnte? Aus dem Einzelhandel kennen Sie sicher die gebrochenen Preise, zum Beispiel 1,99 Euro statt 2,00 Euro. Diese Preise wirken günstiger, was Sie ja auch sind. Dieser gebrochene Preis suggeriert jedoch vielen Konsumenten, dass sie es mit einem Schnäppchen zu tun haben. Sie greifen schneller zu. Ähnlich wirkt die absteigende Ziffernfolge in der Preisgestaltung. 721,00 Euro wirken angenehmer als 689,00 Euro. Aus welchem Grund schreiben dann viele in ihre Angebote 1.980,00 Euro, statt 2.000,00 Euro? Zuerst einmal ist eine Zahl wie 2.000 für viele Verhandlungsführer zu glatt. Setzt sich Ihre Leistung aus mehreren Komponenten zusammen, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich daraus ein glatter Preis ergibt, sehr gering. Sie haben also bei der Preisgestaltung „Luft“ eingearbeitet. Davon möchte Ihr Verhandlungspartner auf jeden Fall einen Anteil. Also nennt er einen Gegenpreis. Hierin liegt nun die Gefahr bei glatten Preisen.
Ihr Gehirn nutz bei Preisabstufungen bestimmte Sprungmuster
Ihr Preis ist also 2.000 Euro. Auf welches niedrigere Preisniveau referenziert Ihr Verhandlungspartner? Hier stehen dann schnell Werte wie 1.900 oder 1.750 im Raum. Achten Sie auf dieses Thema einmal bei Ihnen selbst. Sie neigen zu bestimmten Abstufungen von Zahlen. Bei einer 100 verwenden Sie gerne Abstufungen in 10er-Schritten, oder Sie rechnen in Vierteln, also 25, oder halbieren, also 50. Was für Hunderter gilt, gilt auch für Tausender. Ihre 2.000 befinden sich im freien Fall. Für die meisten Verhandlungsführer ist 1.900 die nächste Stufe. Bauen Sie bewusste Auffangstellen ein, um den freien Fall zu verhindern. Mit 1.980 schützen Sie Ihren Preis durch mehr Auffangstellen: 1.950, 1.900, 1.800, 1.750. Vorsicht. Wenn Sie bei 1.750 angelangt sind, sind Sie von den Viertel-Schritten bedroht. Ihnen droht ein Absturz auf 1.500. Warum überhaupt 1.980 Euro als Ausgangspreis? Was spricht gegen 2.180,00 Euro? Sie haben Angst, sich oberhalb der 2.000,00 Euro zu bewegen, nur weil dies so eine signifikante Schwelle ist? Wer an Ihrer Leistung interessiert ist, steigt trotzdem in den Diskurs mit Ihnen ein. Sie können ja deutliche Verhandlungsbereitschaft signalisieren. Aus 2.180 können 2.150 oder 2.100 werden. Die Grenze sollte dann aber bei 2.000 sein. Lassen Sie die erste Ziffer unter allen Umständen unangetastet. Hier ist dann von Ihnen Beharrlichkeit gefordert. Für den Fall, dass Ihr Verhandlungspartner dann Angebote von 1.850,00 Euro oder in einer ähnlichen Größenordnung vorweisen kann, müssen Sie sich den Vorwurf gefallen lassen, über unzureichende Marktkenntnisse zu verfügen. Das Spiel mit den Zahlen können Sie im Verhandlungstermin gut kombinieren mit dem Wechsel der Bezugsgröße.
Das Hin und Her der Zahlenjongleure
Wenn der einzelne Zahlenwert keine Möglichkeiten mehr bietet, einen Vorteil herauszuarbeiten, so besteht im Falle eines Mengengeschäftes eine weitere Chance. Verhandeln Sie über einen einzelnen Preis zum Beispiel einer Ware, eines Stücks? In diesem Fall können Sie in der Verhandlung versuchen, zwischen dem Einzelpreis und dem Gesamtpreis zu wechseln. Diesen Wechsel können Sie durchaus in beide Richtungen vornehmen. Bei jedem Wechsel können Sie den Preis ein kleines Stück verringern.
Der Preis lautete vor der Verhandlung 39,99 Euro. Der Großkunde benötigte 480 Stück für seine Filialen, was einem Gesamtpreis von 19.195,20 Euro entsprach. Oder, um es mit den Worten des Einkäufers dieses Kunden zu sagen: 19.000 Euro. Weil das System ja nur glatte Zahlen kennt ? Schon sind 195,20 Euro verschwunden. Das erschien dem Einkäufer noch zu hoch, weil er nur über ein maximales Budget von 17.500,00 Euro verfügte. Der Verkäufer stimmt zähneknirschend diesen 17.500,00 Euro aufgrund der Gesamtmenge und der Wichtigkeit des Kunden zu. In der Folge wurden weitere Details zu den Konditionen besprochen. Danach erkundigte sich der Einkäufer, was diese 17.500,00 Euro denn jetzt für einen Einzelpreis bedeuten. Er erhielt als Antwort: „36,46 Euro.“ Woraufhin der Einkäufer meinte: „Wir rechnen nicht mit Nachkommastellen. Also 36 Euro pro Anschluss und damit machen Sie einen super Deal.“
Die Preisdikussion kennt langfristig nur Verlierer
Der Verkäufer hat soeben 1.195,20 Euro in der Verhandlung eingebüßt, was ca. 10 % entspricht. Eine Menge, weil auch noch Skonto das Gesamtergebnis mindert. Sie sehen: Beim Thema Preis kann eine Menge passieren. Daher suchen die meisten Verhandlungsführer den Weg aus dem Preiskampf. Dabei kann es hilfreich sein, dem Gesprächspartner einen Nutzen zu vermitteln, den er so von Ihrem Mitbewerber nicht erhält. Aber was ist das eigentlich: Nutzen? Mehr dazu hier.