Eine der häufigsten Anfragen bzgl. Workshops beschäftigt sich mit dem Thema Präsentationstraining. In diesem Thema haben sich in den letzten Jahren die gewünschten Inhalte deutlich verschoben. Immer mehr rückt die vortragende Person in den Vordergrund. Gerade im Vertrieb kommt häufig die Aussage: „Die Vertriebsmitarbeiter sollen besser präsentieren können. Die Folien werden von unserem Marketing oder den Produktmanagern erstellt.“ Heißt in Kurzform: Folien gut, Mitarbeiter zu doof, sie wirkungsvoll zu präsentieren. Tatsächlich ist das oft der Fall, aber mindestens genauso oft müssen wir nach einem Workshop die Rückmeldung geben, dass die Foliensätze starke Defizite besitzen. Teils geht es um die grundlegende Qualität, teils um die Eignung für Vertriebspräsentationen.
Ja, es stimmt. Der Gesamteindruck einer Präsentation basiert in erster Linie auf Ihnen als Person. Sie als Person können Defizite Ihrer Präsentationsunterlagen durchaus wettmachen. Auf einige grundlegende Dinge sollten Sie dennoch achten. Verfehlungen in diesen Punkten sind aus meiner Sicht schlicht eine Missachtung Ihrer Zuhörerschaft. Wer sich die Zeit nimmt, um Ihnen zuzuhören, darf ein Mindestmaß an Qualität in den Folien erwarten. Hier die wichtigsten Punkte, die Sie in Ihrem Qualitätsmanagement vor einer Präsentation berücksichtigen sollten:
1.Seitenzahlen
Seitenzahlen dienen der Orientierung und Diskussion. Ihre Zuhörer möchten bei Fragen auf die jeweilige Seite direkt referieren können. Mit „Bitte gehen Sie einmal auf Folie 12“ startet eine Diskussion deutlich professioneller als mit „Können Sie einmal ein paar Seiten zurückgehen?“. Am besten lernen Sie dann noch, mit <Seitenzahl><ENTER> sofort auf die betreffende Folie zu navigieren.
2. Textqualität
Text ist wie ein Horror-Film. Die Gefahr lauert zwar nicht hinter jeder Ecke, aber auf jeder neuen Folie. Zu viel Text, Texte über mehrere Zeilen, mehrfache Texthervorhebungen, z.B. ein Wort gleichzeitig fett, kursiv und in einer anderen Farbe. Viele wollen mit besonderen Schriftarten Individualität ausdrücken. Serifen-Schriftarten gehören aber eher in Bücher und das Höhe-Breiten-Verhältnis der Buchstaben sollte in der gewählten Schriftart auch nicht zu ungewöhnlich sein. Unser Gehirn mag es dabei eher aufgeräumt und nahe an gewohnten Schriftarten.
3. Sprache
Mit Folien, die zu lange Sätze oder verschachtelte Sätze enthalten, machen Sie es Ihren Zuhörern unnötig schwer. Einige Verfasser neigen zu Passiv-Formulierungen oder arbeiten zu viel mit Substantiven. Denken Sie daran, unsere Sprache verfügt auch über Vollverben und Adjektive. Mit ihnen sind Texte leichter verdaulich.
4. Farben
Einer meiner Kunden verwendet hellgrüne Schrift auf weißem Untergrund. Auch wenn das Logo hellgrün ist, muss die Schriftfarbe dieser Farbe nicht unbedingt folgen. Räumen Sie bei solchen Farben der Textfarbe eine Sonderstellung ein und verwenden Sie schwarze Schrift auf weißem Untergrund. Diese Kombination sind wir gewöhnt. Davon abzuweichen, macht Ihre Präsentation nicht besser. Achten Sie bei Grafiken und wichtigen anderen Darstellungen auf typische Farbfehlsichtigkeiten, wie etwa die Rot-Grün-Schwäche. Vermeiden Sie also z.B. in Balkendiagrammen rot im Zusammenspiel mit grün.
5. Konsistenz
Achten Sie auf die konsistente Verwendung von Schriftarten, Schriftgrößen, Aufzählungszeichen, Texthervorhebungen, Bildsprache, Seitenzahlen. Intern nennen wir einige Foliensätze „Jahrmarktfolien“. Auf dem Jahrmarkt gibt es Fahrgeschäfte, bei denen es heißt: „Kommen Sie, staunen Sie, neue Fahrt, neues Glück“. Bei den Folien heißt es: „Kommen Sie, staunen Sie, neue Folie, neue Schrift, neue Schriftgröße“.
6. Lesbarkeit
Bei der Schriftgröße versuchen es einzelne Trainer immer mal wieder mit Formeln, basierend auf dem Abstand des letzten Zuhörers zur Präsentationsfläche. Wenn Sie vor einer kleineren Gruppe bis zu 20 Personen präsentieren, reicht 20pt als kleinste Schrift auf Ihren Folien aus. Überschriften in 24pt und Titel in 28pt. Sie wollen die Leute in der ersten Reihe ja nicht mit Schriftgröße 48pt erschlagen. Kleiner als 20pt aber bitte nicht. Unserer Erfahrung nach braucht ein eingerückter Text auch keine kleinere Schriftgröße. Er wird sich ja schon durch die Einrückung vom restlichen Text unterschieden.
7. Bilder
Bilder sollten eine gute Auflösung und Schärfe besitzen. Versuchen Sie bei der Verwendung mehrerer Fotos im gleichen Farbbereich zu bleiben. Verwenden Sie niemals Bilder, die Sie von Google oder anderen Websites gesichert haben. Unterschätzen Sie nicht, wie viele Unternehmen und Fotografen Agenturen beauftragen, um nach „ihren Fotos“ zu suchen. Eine Urheberrechtsverletzung ist teuer. Stockfotos, z.B. von Fotolia, shutterstock oder istock, sind oft nicht wirklich „sexy“, sind aber besser als nichts. Besser sind explizit erstellte Fotos, was aber oft sehr investitionsintensiv ist. Wenn Sie Fotos aus dem realen Leben verwenden, verzichten Sie bitte auf ClipArt oder ähnliche Produkte.
8. Grafiken
Grafiken bewegen sich in einem breiten Bereich zwischen überfrachtet einerseits und falsch bzw. unvollständig andererseits. Überfrachtete Grafiken haben ihren Ursprung in bereits vorhandenen Grafiken, die irgendwie thematisch passen und schon vorhanden sind. Zeit- und Kosteneinsparung, aber auch Faulheit und mangelnde Kenntnisse in der Erstellung von Grafiken sind mögliche Gründe für dieses Verhalten. Häufige Fehler bei falschen oder unvollständigen Grafiken sind fehlende oder falsche Skalen, fehlende Einheiten.
Wenn Sie zwei Grafiken verwenden, beide sind wichtig und es nicht unbedingt didaktisch notwendig ist, sie auf einer Folie gegenüberzustellen, dann gönnen Sie jeder dieser Grafiken eine eigene Folie. Ihre Zuhörer danken es Ihnen.
9. Eingebettete Videos
Videos sind meist eine gute Unterstützung Ihrer Ausführungen. Bewegte Bilder bedeuten Abwechslung, schaffen Aufmerksamkeit um Ihnen zu folgen und machen mehr Spaß als nur Ihre Stimme zu hören. In vielen Präsentationstrainings und Coachings haben wir eine äußerst interessante Beobachtung gemacht. Unsere Kunden erstellen teure Erklärvideos, sind ganz stolz auf das Ergebnis und starten voller Begeisterung das Video. Erstaunlicherweise bewerten viele Vortragende ihre eigenen Videos im Nachgang als zu lang. Was auf den ersten Blick spannend zu sein scheint, wird nach kurzer Zeit zäh wie Kaugummi. Tatsächlich stoppt ein Großteil der Vortragenden ihre Videos in realen Präsentationssituationen vorzeitig. Ein weiterer großer Teil weiß irgendwann nicht mehr, wie er sich während des Videos verhalten soll. Der Gesamteindruck von der Präsentation leidet. Achten Sie also auf die Länge der Videos und auch darauf, dass Sie das Video aus der Präsentation heraus abspielen können.
10. Animation
Weniger bei Animationen ist eindeutig mehr. Sie müssen nicht beweisen, dass Sie die Animationshilfen bis ins kleinste Detail beherrschen. Einzelne Buchstaben, die auf die Folie geflogen kommen und von einem Schusssignal begleitet werden, sollten der Vergangenheit angehören.
Nutzen Sie Animationen als didaktische Unterstützung. Wenn Sie eine Folie sukzessiv mit Ihren Zuhörern erarbeiten wollen, nutzen Sie eine dezente Textanimation, z.B. „Erscheinen“. Prüfen Sie, ob bei Einrückungen wirklich jeder Unterpunkt einzeln erscheinen muss oder nicht doch sofort die gesamte Einrückung gezeigt werden kann. Meist ist letzteres der Fall. Das Anwenden einer Textanimation hat in dieser Situation den Vorteil für Sie, dass Ihre Zuhörer sich auf Sie konzentrieren. Zusätzlicher Text, der einfach schon so mit auf der Folie steht und erst später besprochen wird, lenkt von Ihren Ausführungen ab.
Grafiken können in den meisten Fällen sofort als Ganzes gezeigt werden. So können Sie mit der kompletten Grafik das große Ganze darstellen und danach auf die einzelnen Aspekte detaillierter eingehen.
Vielleicht haben Sie diese zehn Ratschläge erstaunt oder verwundet. Vielleicht sind Sie auch der Meinung, dass Ihre Folien sich deutlich positiv von obiger Beschreibung abheben. Nur Mut, nehmen Sie die letzte Präsentation und halten Sie unsere zehn Punkte dagegen. Sie werden staunen.
Unternehmen, die die Präsentationskompetenz Ihrer Mitarbeiter wirklich nachhaltig steigern wollen, fahren am besten zweigleisig. Das „Wie“ in Workshops trainieren und das „Was“ parallel mit dem Marketing in Workshops mit uns optimieren. Einige Unternehmen setzen uns dabei sogar als eine zusätzliche Qualitätsmanagement-Instanz ein. Oft fehlen intern die Kapazitäten, um die Folien einzeln intensiv qualitätszusichern. Also …
… viel Spaß beim Prüfen Ihrer Präsentationsunterlagen.
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