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Direktvertrieb – Sieben Fehler bei Vertriebspartnern

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    Direktvertrieb? Kennen Sie nicht? Das sind Ha-Ra, Tupperware , LR und Co. Diese Unternehmen verzichten auf die Lieferkette über Zwischenhändler und verkaufen direkt an den Endverbraucher. Nur wenige dieser Unternehmen treten heute noch als reiner Direktvertrieb auf. Im Rahmen des Multi-Channel-Vertriebs ist der Direktvertrieb oft nur ein Vertriebskanal von mehreren. Bei manchen Unternehmen ist dies durchaus überraschend. Sie bringen diese Unternehmen und Produkte häufig nur in Verbindung mit Events oder Partys. Ein Besipiel sind die Tupperware-Abende. In welchem Haushalt tauchte in den 80er und 90er Jahren nicht die berühmte Sonnenschüssel auf?  Umso überraschter sind Sie vielleicht, wenn Sie einmal vor einem Tupperware-Geschäft stehen.

    Den Direktvertrieb mit festangestellten Mitarbeitern zu gestalten, ist kaufmännisch schwierig. Darum bedienen sich Unternehmen sogenannter Vertriebspartner oder Partner, die auf Basis des § 84 HGB als freie Handelsvertreter arbeiten. Darum heißen Sie auch oft kurz HGB84er. Bei den Recherchen zu diesem Artikel tauchten bei einigen Unternehmen unglaubliche Zahlen von Vertriebspartnern auf. Teils weit über 100.000. Diese Zahlen könnten ein Profilierungsversuch sein. In der Realität machen viele dieser Handelsvertreter nur geringe Umsätze, oft nur zum Eigengebrauch.

    Einige Vertriebsorganisationen nutzen den Direktvertrieb jedoch sehr intensiv und sind sehr straff geführt. Dort stehen Umsätze an oberster Stelle. Der Direktvertrieb ist teils der einzig sinnhafte Vertriebsweg, weil der Endverbraucher selbst nur selten für diese Produkte ein Geschäft aufsuchen würde.  Wann haben Sie das letzte Mal über Ihren DSL Anschluss nachgedacht? Hauptsache er läuft zufriedenstellend. Erst wenn am späten Nachmittag jemand bei Ihnen klingelt und Ihnen eine vorteilhafte Alternative vorstellt, ist das Thema DSL wirklich ein Thema. Willkommen in der Welt der HGB84er. Für Unternehmen wichtig, jedoch nicht immer leicht.

    Paragraph 84 HGB hat seine Tücken für den Direktvertrieb

    Der Direktvertrieb ist bei vielen Unternehmen, die diesen Vertriebskanal wirklich aktiv betreiben,  von einer starken Fluktuation geprägt. Sobald die Umsätze nicht stimmen, wechseln die Mitarbeiter zu anderen Direktvertriebsorganisationen – freiwillig oder auch nicht. Das Ausbleiben der Umsätze hat im Wesentlichen zwei Gründe. Die falschen Vertriebspartner und eine andere Situation vor Ort oder direkt im Unternehmen, als in den Auswahlgesprächen geschildert. Tatsächlich wechseln einige HGB84er wie die Heuschrecken zwischen den Unternehmen. Oft sind sie nur wenige Monate dort. Sie erhalten in dieser Einarbeitungsphase eine garantierte Provision und verlassen das Unternehmen danach.  Warum finden diese Partner ein neues Unternehmen? Weil die Auswahl der Partner dringender Verbesserung bedarf. Leider sind die Unternehmen im Thema der Fluktuation auch nicht frei von Schuld. Zu oft bauen Unternehmen Luftschlösser und der Arbeitsalltag bringt die Partner dann auf den Boden der Realität zurück. Sie erhalten Gebiete zugewiesen, an denen sich schon diverse Kollegen vorher die Zähne ausgebissen haben, oder die internen Abläufe der Unternehmen hindern an der Generierung von Umsätzen. Dies sind nur zwei Beispiele. Ganz besonders interessant sind dann auch die monatlichen Abrechungsdiskussionen. Welcher Vertriebspartner bleibt dauerhaft, wenn er sich bei den Provisionszahlungen benachteiligt fühlt.

    Schauen Sie sich das Zusammenspiel von HGB84ern und den Unternehmen des Direktvertriebs genauer an. Sie erkennen sehr leicht sieben signifikante Fehler.

    Fehler 1: Die innere Einstellung im Direktvertrieb

    Unternehmen setzen im Direktvertrieb bei Partnern zu oft auf Quantität statt Qualität. Hauptsache viele Personen draußen beim Kunden. Wer das im Einzelnen ist, vernachlässigen sie häufig. Personen, die seit Jahren im Direktvertrieb unterwegs sind, gelten erst einmal als gut. Zumindest spricht man ihnen zu, verkaufen zu können. Die Devise lautet: „Verkaufen muss er können, Produkte kann man ihm beibringen“. Partner gelten zu oft als leicht zu ersetzender Posten. In einigen Direktvertrieben kann sich quasi jeder mal versuchen, der sich meldet. Kommen Umsätze, dann ist es Ok. Kommen keine Umsätze, dann kommt halt der nächste Partner. Diese Sichtweise hat negative Auswirkungen auf die Partner und auf die potentiellen Kunden. Wenn Sie jemanden als leicht zu ersetzen ansehen, dann drücken Sie dies unbewusst durch Ihr Handeln und Sprechen aus. Es fehlt die Wertschätzung. Resultat sind wenig motivierte Partner. Resultat sind fehlende Umsätze. Auf Kundenseite sind die negativen Auswirkungen eher Imageverlust und reduzierte Umsatzchancen. Schon heute haben viele Direktvertriebe ein negatives Image beim Endverbraucher. Es wird in der Geschäftsanbahnung zu viel versprochen. Hauptsache am Ende des Gesprächs steht ein Vertrag. Zugleich reduzieren Sie durch schlechte Partner nachhaltig Ihre Umsatzchancen. Hier geht es nicht nur um entgangene Umsätze am Ende eines Gesprächs.  Es geht auch um Verkaufsgebiete, die nachhaltig für Monate oder Jahre geschädigt sind, weil der Partner so negativ bei den Endverbrauchern agiert hat, dass heute niemand mehr für ein Gespräch offen ist. Daher sollten Sie zukünftig Ihre Denkweise hinsichtlich der Auswahl neuer Partner überdenken. Geben Sie mittel – und langfristigen Umsätzen den Vorrang vor vermeintlich schnellen Erträgen. Nur … seien Sie effizient und effektiv.

    Fehler 2: Die Identifikation möglicher Interessenten

    Viele Unternehmen im Direktvertrieb zahlen Ihren Partnern Prämien für neue Partner. Die Gefahr, dass Einäugige nun Blinde ansprechen, ist natürlich groß. Und bitte, dies soll keine Beleidigung Sehbehinderter sein. Tatsächlich werden alle Personen empfohlen, die nicht bei drei auf dem Baum sind. Die Beurteilung dieser Bewerbungen erfolgt meist nach Papierlage und im Anschluss erfolgen Gespräche. Warum nur? Warum setzen Sie nicht mehr auf strukturierte Telefoninterviews? Zu oft findet die Auswahl potentieller Kandidaten durch Regionalverantwortliche oder Teamleiter statt. Viele von ihnen sind zu wenig in der Interviewführung geschult. Sie verfügen über nur geringe psychologische Kompetenz, die Kandidaten am Telefon bereits ausreichend genug zu beurteilen.  Nutzen Sie dafür ein oder zwei erfolgreiche Vertriebskollegen, die ihr Vertriebshandwerk beherrschen, aber zugleich auch auf diese Telefoninterviews geschult sind. Sie verringern so die Kosten Ihres Auswahlprozesses.

    Fehler 3: Die Auswahl der Vertriebspartner

    Gespräche vor Ort mit Vertriebspartnern basieren meist auf dem Testen der vertrieblichen Kompetenz. Meist vereinbaren Unternehmen Testtage, an denen ein erfahrener Kollege gemeinsam mit dem Kandidaten unterwegs ist. Auch hier steht das Vertriebshandwerkszeug im Vordergrund. Ja, tatsächlich könnten viele Vertriebspartner deutlich besser in ihren vertrieblichen und kommunikativen Fähigkeiten sein. Diese zu testen macht daher Sinn. Mindestens genauso wichtig sind aber die Fähigkeiten des Selbstmanagements. Hierzu gehört die Tagesplanung genauso wie die Motivation der Personen. Erfolgreich sind im Direktvertrieb meist die, die auch strukturiert und engagiert arbeiten. Nur ab und zu die Nase aus der eigenen Wohnung stecken, bringt keine Umsätze. Und genau diese Aspekte beleuchten viele Unternehmen in ihren Auswahlterminen unzureichend. Auch hier gilt: Befähigen Sie ein oder zwei Personen, um dediziert Selbstmotivation und Selbstmanagement in den Gesprächen zu ergründen. Basiskenntnisse in Verhaltensmodellen würden viele Unternehmen schon vor diesen Hire-Errors schützen. So ersparen Sie sich die Systemleichen, die zwar Partner sind, aber kaum Umsätze generieren. Diesen geringen Umsätzen stehen häufig Administrationskosten gegenüber, die deutlich höher sind; ein Minusgeschäft.

    Fehler 4: Onboarding Prozess

    Die „Neuen“ kommen und erleben sogleich die kalte Realität. Zwar gibt es oft Begrüßungstage, an denen das Unternehmen die wichtigsten unternehmensspezifischen und ggfs. rechtlichen Aspekte vermittelt. Danach tut sich bei vielen HGb84ern erst einmal ein großes schwarzes Loch auf. Es fehlt schlichtweg ein guter Onboarding-Prozess in den ersten Tagen nach der Begrüßung. Die schnelle Vermittlung der notwendigen Produktkenntnisse, die Schulung  interner Systeme oder auch die persönliche Betreuung sind oft mangelhaft.  Die Partner sind zu lange zu wenig betreut. Nehmen Sie die „Neuen“ an die Hand, bevor Defizite oder fehlendes Know-how zu Demotivation führen.

    Fehler 5: Die Angst vor dem § 84 HGB

    Viel Verantwortliche im Direktvertrieb behandeln HGB84er wie Unberührbare. Der Status als freier Handelsvertreter führt zu kommunikativen Stilblüten, die einfach zu hinterfragen sind. Da dem Unternehmen u.a. die Weisungsbefugnis gegenüber den HGB84er fehlt, gehen viele Dokumente grundsätzlich den Weg über die Rechtsabteilung. Natürlich sollten beide Seiten gesetzeskonform agieren. Nur hat diese gesetzliche Komponente zu oft Einfluss auf die persönliche Kommunikation mit dem Partner. In Gesprächen heißt es dann: „Ich lade dich ein, es einmal so und so zu versuchen, damit du noch erfolgreicher sein kannst“. Einfach wäre doch: „Versuche es einmal so und so, dann klappt es meist besser“. Bitte. Wer ein wertschätzendes Miteinander pflegt, kann auch „normal“ miteinander reden. Erst von diese Wertschätzung in Schieflage geraten ist, bedarf es solcher Wortklauberei. Wenn Sie also Angst vor falschen Formulierungen haben, sollten Sie einmal Ihr Zusammenspiel mit den HGB84ern prüfen. Wie fair ist dies, dass Sie solche Angst haben?

    Fehler 6: Die Kluft zwischen Schein und Sein im Alltag eines Vertriebspartners

    Es wird nicht mehr beschönigt oder gelogen als im Bewerbungsprozedere. Von allen Beteiligten. So wie der Partner sich oft zu positiv darstellt, so halten Unternehmen intern oft nicht das, was sie versprechen. Die Aufgabe des Partners, ist es Verträge zu schließen. Das Unternehmen muss seinen Aufgaben auch nachkommen. Verträge gegenüber dem Kunden umsetzen. Verträge intern kaufmännisch verarbeiten und natürlich den Partner entsprechend zu bezahlen. Zu den letzten beiden Punkten hören wir häufig Beschwerden von Partnern. Die Verarbeitung von unterschriebenen Verträgen erfolgt intern schleppend. Provisionszahlungen erfolgen verzögert, so dass der Partner in eine schlechtere Provisionsstufe gelangt. Aus der Praxis sind uns Partner bekannt, die einen Tag nur damit verbringen, ihre Provisionszahlung exakt nachzurechnen. Die Erfahrung zwingt sie dazu. Häufig sind in den Verträgen auch Formulierungen enthalten, die sehr dehnbar zum Vorteil der Unternehmen sind. Nun könnte man sagen, dass niemand derartige Verträge unterzeichnen sollte. Aber was hindert Sie daran, ein eindeutiges Vertragswerk zu definieren? Interpretierbare oder dehnbare Formulierungen sind meist nicht grundlos in Verträgen. Sie dienen einem Zweck.

    Fehler 7: Das Führungs-Dilemma

    Die Angst vor dem Paragraphen 84 HGB führt dazu, dass Unternehmen häufig die Führungsverantwortung an andere HGB84 übertragen. Sollte dieser HGB84er einmal nicht rechtskonform agieren, so ist das Unternehmen weitestgehend aus der Verantwortung. Für die Tätigkeit als Teamleiter oder Regionalleiter  erhält der Partner im Gegenzug einen Geldbetrag. Genau dieses Zusammenspiel von Partner und Geldbetrag ist das Problem. Zu oft erhalten Partner eine Führungsaufgabe, die besonders erfolgreich sind. Ein guter Verkäufer ist aber noch lange keine gute Führungskraft. Wir erleben dies immer wieder in den Ausbildungen zum Teamleiter. Geduld, Empathie, Perspektivwechsel oder auch Feedback sind wesentliche Potentiale, die erst zu optimieren sind. Teamleiter sein bedeutet Zeit zu investieren, die fehlt, um eigene Umsätze zu generieren. Zwar erhält der Teamleiter durchaus eine Provision auf die Teamleistung. Diese ist oftmals zu gering im Vergleich zu den Umsätzen, die ein Partner in der gleichen Zeit für sich selbst generieren könnte. Entsprechend halbherzig verfolgen viele Teamleiter ihre Führungsaufgabe. Nur wenige gehen dieses Thema strategisch an und sehen diese Führungsaufgaben als Sprungbrett für höhere Positionen in anderen Vertriebsstrukturen. Denn ein erfolgreicher Regionalleiter aus dem Direktvertrieb hat durchaus große Chancen auf Führungsaufgaben in anderen Vertriebskanälen.

    Fazit

    Kümmern Sie sich mehr um die Partner, aber ausgereifter als bisher.

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